6. März 2024 – „Wir sind hier für die Stille“ von Dorothee Riese, Berlin Verlag: Leben in einer neuen, selbsterwählten Heimat fühlt sich zunächst immer fremd und schwer an. Oftmals reiben sich die Betroffenen dabei weniger an den politischen oder sozialen Umständen auf. Es sind die Mitmenschen, das tägliche Miteinander, was das Ankommen so kompliziert macht.
Vom Entwurzeltsein, der daraus folgenden Ohmacht und der Leere zeugt dieser tiefgründige Roman, der gerade in der jetzigen Zeit so wichtig ist, weil er trotz Brisanz unaufgeregt den Finger in die Wunde legt und die inneren Kämpfe vieler Menschen auf einfühlsame Weise reflektiert.
Klappentext:
Die Geschichte einer Kindheit als soziales Experiment: Anfang der 1990er Jahre wandert die fast sechsjährige Judith mit ihren Eltern von Deutschland nach Rumänien aus. Ihr Ziel ist ein abgelegenes Dorf in Transsilvanien am Rande der Karpaten. Judith soll in einer ursprünglichen, vom Kapitalismus freien Gemeinschaft aufwachsen. Mit wachem Blick erkundet sie den Ort, seine Menschen, Geschichte und Sprache. Bald wird sie zur Wahlenkelin der alten Siebenbürger Sächsin Lizitanti. Und sie lernt Irina kennen, die mit ihrer Ziege im Milchauto mitfährt. Irina ist eine Romni. Judith möchte das auch sein, Irina aber lehnt das kategorisch ab. Bald stellt der Widerspruch zwischen mitgebrachter Utopie und vorgefundener Realität die Familie vor immer größere Probleme.
Über die Autorin:
Dorothee Riese, geboren 1989 bei Göttingen und in Rumänien aufgewachsen, studierte „Internationale Literaturen“, Slawistik und Kultur sowie Geschichte Mittel- und Osteuropas in Tübingen, Moskau, Frankfurt (Oder) und im südsibirischen Barnaul. Zum Studium des literarischen Schreibens kam sie nach Leipzig. Sie arbeitete an der Gedenkstätte Buchenwald in Weimar und ist für das „Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa“ tätig. Riese lebt mit ihrer Familie in Leipzig.