Die vielleicht innovativste Serie über ein literarisches Phänomen, Teil 3: Perry Rhodan und die Zukunft – aus Sicht der Vergangenheit!

11. Oktober 2024 – Wer alte „Perry Rhodan“-Romane liest, stolpert schnell über wahrhaft Skurriles. Schließlich entstand die Science-Fiction-Serie noch vor der Hippie-Bewegung und das Genre war noch ganz neu in Europa. Erfahrungswerte gab es kaum. Die Autoren standen somit vor der Herausforderung, zukünftige vor allem technische und gesellschaftliche Entwicklungen vorauszuahnen, um eine angenommene ferne Zukunft in fantastische, spannende Geschichten zu gießen. Manchmal gelang ihnen das geradezu prophetisch, manchmal jedoch ist ihre Denke aus heutiger Sicht einfach nur lustig.

Kostproben gefällig?

  • In Heft 1, geschrieben 1961, betritt 1971 erstmals ein Mensch – klar: Perry Rhodan! – den Mond. In der Realität war das dann sogar zwei Jahre früher (natürlich hieß der Mann Armstrong und nicht Rhodan)!
  • Nehmen wir die Telekommunikation: Es gibt zwar keine Handys oder dergleichen, wohl aber Bildtelefonie an Bord. Und raten Sie mal, wie die hieß … Genau, Telekom! Die Telefonsparte der Post in Deutschland wurde mehr als 30 Jahre später auf diesen Namen getauft. War da vielleicht ein Fan mit am Werk?
  • Weiter im Text: Sehen wir uns einmal die „Translatoren“ der Raumfahrer an. Sie verstehen fremde Sprachen automatisch und übersetzen sie fast in Echtzeit. Wen erinnert das nicht irgendwie an moderne Übersetzungs-Apps der realen Neuzeit?
  • Nahrungskonzentrate, also komprimierte, dehydrierte Notnahrung für den Aufenthalt im Nirgendwo, sind auch so ein Phänomen. Sie sind moderner Trekkingnahrung ziemlich ähnlich – erfunden 1968, also sieben Jahre nach der Erstveröffentlichung!
  • Noch mehr? Gern! Nehmen wir die Injektionspflaster: Eine Insulinpumpe macht heute genau das, was man sich damals geradezu prophetisch ausgedacht hat.

Natürlich klappte solche Hellseherei nicht immer. Es ist, 2024 gelesen, schon

… sehr zum Schmunzeln,

  • wenn im 4. Jahrtausend alles Wichtige auf Tonband – ja, so richtig mit zwei Spulen! – gesprochen wird, später immerhin auf „Speicherkristalle“ – mit viel Fantasie also (externe) Festplatten;
  • dass Computerauswertungen stets auf einem Plastikstreifen ausgegeben werden, der dann in eine andere Maschine eingeworfen (!) werden muss, die das Ganze wiederum in Klartext übersetzt. Und natürlich sind Computer in der Vorstellung damals etwas so Rares, dass nur die höchsten Offiziere stets Zugriff auf sie haben;
  • dass Raumschiffe aller Zivilisationen, egal wie weit fortgeschritten, immer, wirklich immer, beschleunigen, indem ein Hebel (!) nach vorn geschoben wird und
  • selbstverständlich der Klassiker: Wenn jemand niederen Ranges auf dem Flaggschiff der Menschheit mit Perry Rhodan schriftlich kommunizieren will, dann tut er das, ist doch logisch – Trommelwirbel … –, per Rohrpost!

Herrlich, schon allein dafür lohnt es sich, die frühen Ausgaben der Reihe zu lesen. Wirklich!

Den 1960ern geschuldet ist zudem das

Frauenbild:

  • Kommandieren und überhaupt Entscheidungen zu treffen, ist erst einmal grundsätzlich Männersache.
  • Frauen, auch nichtirdische, arbeiten furchtbar gern als Krankenschwestern, aber so gut wie nie als Ärztinnen. Da können sie noch so gebildet und intelligent sein!
  • Und haben sie es doch mal zu etwas gebracht – Ausnahmen bestätigen schließlich die Regel –, sind sie wahlweise zickig und herrisch oder nah am Wasser gebaut und müssen von einem starken Mann beschützt werden.
  • Mädchen prügeln sich nie, sind grundsätzlich schüchtern und werden sofort rot, wenn jemand in ihrer Gegenwart Schimpfwörter benutzt.
  • Ex-Freundinnen werden, wenn sie inzwischen verheiratet sind, gesiezt, sollte man(n) noch einmal (dienstlich) mit ihnen zu tun bekommen.

Apropos Fluchen: Das ist was total Böses im Umfeld Perry Rhodans. Jeder, der „eine Verwünschung ausstößt“, wie es dann meist peinlich berührt heißt, oder allzu umgangssprachlich spricht, muss mit bösen Blicken oder gar diziplinarischen Konsequenzen rechnen. Dabei gehören zu den Kraftausdrücken im 35. Jahrhundert schon Begriffe wie „besoffen sein“ oder „einen Vogel haben“. Vermutlich – nein, sicher! – wird nicht nur das in der echten Zukunft etwas anders sein …

Tipp: Lesen Sie noch weitere Folgen aus unserer Serie „CarpeGusta Literatur meets Perry Rhodan“!

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