23. Mai 2025 – Wörter
sind mehr als nur eine Aneinanderreihung von Buchstaben. Ihnen wohnt ein Zauber inne, der durch feingeschliffene Sprache das Gewöhnliche ins Einzigartige verwandelt. Oder anders ausgedrückt: Eine eingängige Melodie lebt von Rhythmus, Gefühl und ausgewählten Noten, die perfekt harmonieren. Sonst berührt Musik nicht. Der Wohlklang eines Textes ertönt durch denselben Feinsinn: Nur wenn das Herz und der Geist abgestimmt werden mit der Leidenschaft für Poesie, entstehen bedeutungsvolle literarische Unikate. In dieser Rubrik widmet sich CarpeGusta Literatur genau solchen Büchern: Werken, die über die bloße Handlung hinausgehen, weil sie von der Ästhetik des Schreibens leben, indem sie durch wohlkomponierte Satz-Arrangements Magie pur erzeugen.
Aus den bereits bei CarpeGusta Literatur rezensierten Romanen haben wir jene ausgewählt, die unserer Ansicht nach herausstechen durch stilistische Raffinesse und expressive Ausdruckskraft.
Heute präsentieren wir Ihnen eine Auswahl der schönsten und prägnantesten Passagen aus dem Roman „Der Duft des Wals“ von Paul Ruban:
- „Sich entlieben kann rätselhaft sein.“
- „Wir gehen schweigend zum Fahrstuhl. Das Schweigen folgt uns auch hinein, wiegt so schwer wie die Aufzugstüren, die hinter uns zugehen.“
- „Man vergisst, dass die Liebe auch ganz leise zugrunde gehen kann.“
- „Darum haben wir aufgehört, zusammen ins Restaurant zu gehen – das Schweigen wurde zu groß.“
- „Eine Musik wie das Abbild unserer Beziehung: zusammen, aber doch allein.“
- „Meine Finger sind so wütend wie der Regen, der herunterprasselt.“
- „Er bewegt leicht die Lippen, versucht, die richtigen Worte zu finden, den Satz, der alles wiedergutmacht. Doch resigniert taucht er sie nur in seinen Cappuccino. Die Stille zwischen uns wird laut.“
- „Wir geben beide ein Grummeln von uns – lauter als gedacht, wenig zuversichtlich, uns gemeinsam amüsieren zu können –, und gehen los.“
- „Am Anfang ziehen sich Gegensätze an, aber am Ende machen sie alles kaputt.“
- „Auf Wolke sieben schwebe ich zurück in unser Zimmer. Eine Wolke, die sich auflöst, als meine Frau das Wort ergreift.“
Fazit:
„Der Duft des Wals“ von Paul Ruban, Aufbau Verlag: Was als letzte Rettung für eine bröckelnde Beziehung beginnt, entwickelt sich schnell zu einer wunderbar bissigen, zarten und zugleich schonungslosen Bestandsaufnahme zweier Menschen, die zwischen Cocktailbar und Sonnenuntergang plötzlich mit dem Ernst ihres Zusammenlebens konfrontiert werden.
Judith und Hugo flüchten sich in ein paradiesisches Resort in Mexiko, um Sonne, Strand und Luxus zu genießen. Doch die Stimmung kippt, als ein riesiger toter Wal angeschwemmt wird. Der Verwesungsgeruch liegt fortan wie ein unangenehmer Schleier nicht nur über dem Urlaubsidyll, sondern auch über ihrer Ehe.
Paul Ruban bringt Witz und Tragik mit feinem Gespür unter einen Hut. Sein Stil ist klar, lebendig, mit spitzem Blick für menschliche Absurditäten und vergnügliche Zwischentöne.
Fazit: Scharfzüngig, ehrlich und oft einfach herrlich komisch
Das nächste literarische Konfekt erwartet Sie am 18. Juni 2025.