17. November 2023 – Schlafen unter der Brücke wie ein Obdachloser, hungern bis zur Schmerzgrenze oder sich in brenzliche Situationen bringen, um Angst zu spüren: Viele Autoren stellen sich die Frage, ob sie diese Emotionen unbedingt fühlen und Gefängnisse, Bordelle oder Elendsviertel wirklich aufsuchen müssen. Aber ist das tatsächlich notwendig, um authentische Geschichten erzählen, ja um glaubwürdige Romane schreiben zu können?
Grundsätzlich gilt: Der Schreibprozess ist geprägt von Kreativität und Inspiration. Jeder findet seinen eigenen Weg, um real wirkende Storys zu erschaffen. Manch einer lässt persönliche Erfahrungen in seine Werke einfließen, ein anderer setzt auf Beobachtungen.
Fantasie beflügelt
Es ist also nicht zwingend, Originalorte aufzusuchen, um zu überzeugen. Denn der Alltag kann auf vielfältige Weise abgebildet werden: nach intensiver Recherche, dem Studium von Berichten und themenverwandten Büchern, dem Eintauchen in Dokumentationen oder dem Gespräch mit Menschen, die entsprechende Erfahrungen bereits gemacht haben. Viel wichtiger als ein physischer Besuch ist es schließlich, Hintergründe zu verstehen und Empathie für genau die Menschen zu entwickeln, die in den fraglichen Umgebungen leben. Mit ihrer Fähigkeit, Gefühle und Atmosphäre zu erschaffen, entwickeln gute Autoren einzigartige Charaktere und Schauplätze somit, ohne vor Ort gewesen zu sein.
Interaktiv durch die Vielfalt einer Schreib-Exkursion
Für einige Schriftsteller ist das dennoch zu wenig. Sie möchten interaktiver, regelrecht „invasiver“ vorgehen. Für die sind sogenannte Schreib-Exkursionen oftmals das passende Werkzeug. Ein Beispiel dafür ist der „Themenpark des Lebens“ in der eigenen Stadt: Interessierte suchen verschiedenste Viertel, Geschäfte, Parks oder Veranstaltungsorte auf, um ein Gefühl für unterschiedliche Lebensstile und Atmosphären zu bekommen. In einem Notizbuch halten sie alle Details, Gerüche, Klänge und visuellen Eindrücke fest und bringen sie später überzeugend echt in ihrem Plot unter.
Hilfreich sind auch Charakter-Interviews, also fiktive Gespräche mit den Protagonisten im Manuskript – aber nicht im heimischen Wohnzimmer, sondern auswärts: Sie steuern einfach irgendeinen öffentlichen Ort an, um dort Menschen zu beobachten und sich dabei vorzustellen, wie die eigenen Charaktere konkret reagieren würden.
Bei Charakter-Wanderungen stehen indes Spaziergänge an unterschiedlichen Orten auf der Tagesordnung. Hierbei wird die Fantasie beflügelt, indem man die Figuren des Romans auf Wanderung schickt und sich dabei die Frage stellt: Wie würden sie sich in dieser oder jener Umgebung bewegen? Das hilft immens dabei, realistische Beschreibungen und Handlungen zu entwickeln.
Wer in seiner Geschichte derweil kulinarische Aspekte eingebaut hat, kann die Schreib-Exkursion „Kochen Sie die Welt Ihres Buches“ nutzen. Dabei verbinden Sie sich mit der Kultur Ihrer Protagonisten, indem Sie sie während der Zubereitung von Speisen, die in Ihrer Geschichte eine Rolle spielen, besser kennenlernen.
Klingt alles seltsam? Probieren Sie es einfach aus!