Die vielleicht innovativste Serie über ein literarisches Phänomen, Teil 15: Verena Themsen, eine der Autorinnen von Perry Rhodan

7. März 2025 – 2009 stieg sie als Autorin von „Das Wanderer Backup“ im Spin-off „Perry Rhodan Action“. Zwei Jahre später wurde sie mit „Die Planetenbrücke“ (Heft 2605) Teil des Teams der Hauptserie. Bis heute kamen mehr als 30 Romane dazu. Seit 2016 betreut Verena Themsen zudem die Risszeichnungen. Im wahren Leben arbeitet die promovierte Physikerin als Ingenieurin in einem Maschinenbaubetrieb für die Elektronikindustrie.

CarpeGusta Literatur: Was fasziniert Sie persönlich an Perry Rhodan?

Verena Themsen: Die umfassend ausgearbeitete Welt. Die Vielfalt der Themen. Die Diversität der Stile. Und dass es zu den Sternen geht!

Wie erklären Sie sich den andauernden Erfolg über Generationen hinweg?

Durch das Team aus unterschiedlichen und mit der Zeit wechselnden Autoren konnte die Serie stets im Zeitgeist bleiben. Andererseits hielt die fortlaufende Geschichte die Leser in der Perry-Welt, dem Perryversum; denn es gab neben dem immer Neuen auch immer Vertrautes. Ich denke, diese Mischung passt einfach für viele.

Wer ist Ihre persönliche Lieblingsfigur und warum?

Meine persönliche Lieblingsfigur ist Atlan. Das ist, glaube ich, zum Teil meinem Geschichtsinteresse geschuldet, das bei Atlan durch seine historischen Vergangenheitserzählungen und Zeitabenteuer mitbedient wurde. Außerdem hat der Charakter sich so entwickelt, dass er vom ursprünglich vorsichtigen Mahner zur vorantreibenden Figur mit unabhängigerem Hintergrund geworden ist. Und mal ehrlich – wie kann man einen kosmischen Prinzen mit langem weißem Haar nicht mögen? (schmunzelt)

Wie schwer war es, von der Leserin zur Autorin zu werden und in die Fußstapfen von Clark Dalton und Kurt Mahr zu treten?

Es war einfacher, in die Autorenfußstapfen zu treten als in die von unseren Technik- und Datenwächtern, zu denen ja auch Kurt Mahr gehörte. Geschrieben habe ich schon von Kindesbeinen an, und als ich mich zum zweiten Mal als Leserin auf die Serie eingelassen habe – tatsächlich die damals erneut laufende Atlan-Nebenserie –, habe ich auch mit dem Verfassen von Fan-Geschichten begonnen. Da führte dann eines zum anderen. Sich in die umfassenden Datenmengen des Perryversums einzuarbeiten und sie für sich so zu gestalten, dass man sie greifbar hat, ist da eine ganz andere Nummer, die mich einige Jahre gekostet hat. Und es sind noch lange nicht alle Daten eingepflegt, die ich geerbt habe …

Ist es nicht fast unmöglich, immer wieder Neues im Perryversum zu erfinden?

Nicht unmöglicher als generell das Verfassen neuer Geschichten ist. Faktisch ist ja jede Erzählung die Wiederholung schon unzählige Male verwendeter Archetypen und Motive, nur eben in immer neuer Kombination und vor neuem Hintergrund. Das gibt einem gerade in einem Setting wie dem Perryversum, wo so ziemlich jede erdenkliche Welt irgendwo im All platziert werden kann, eine Unzahl an Möglichkeiten, Neues zu erzählen.

Wie kann man sich die Arbeit an einem Heft oder an einem Zyklus praktisch vorstellen? Die Abstimmungen untereinander müssen doch ziemlich zeitraubend und schwierig sein!

Das kommt sehr auf die Inhalte an. Die große Handlungslinie, die Hauptfiguren und die wichtigen Schauplätze werden ja von der Exposé-Redaktion vorgegeben. Da befindet man sich also bereits auf einer gemeinsamen Plattform. In manchen Romanen kann der Autor alles weitere völlig frei ausarbeiten, weil Schauplatz und Personalien nur für diesen einen Roman gebraucht werden. In anderen Fällen wiederum sind Romane teils so eng verflochten, dass sie in einem gemeinsamen Exposé dargestellt werden, dessen Aufteilung die Autoren dann selbst entscheiden dürfen. Dafür gibt es aber heutzutage neben Telefon und E-Mail auch andere sehr niederschwellige Möglichkeiten der Kommunikation, wie zum Beispiel Slack (ein ziemlich neuer Messaging-Dienst, Anm. d. Red.), wo Teams sich in wechselnden Gruppen untereinander austauschen können, um zum Beispiel einen gemeinsamen Schauplatz auch in den nicht vordefinierten Details konsistent zu beschreiben.

Wie sehr können Sie Ihre persönlichen Ideen bei einzelnen Heften überhaupt umsetzen? Folgt heute immer noch alles einem großen Exposé für ganze Zyklen?

Ohne Zyklen und Exposés zur Koordination der fortlaufenden Handlung wäre Perry Rhodan nicht mehr Perry Rhodan. Jedes Exposé bietet aber immer Freiräume für eigene Entwicklungen, und selbst die Dinge, die darin vorgegeben werden, sind nicht immer in Stein gemeißelt. Das ist nur eine Frage der Abstimmung mit dem Exposéteam und den anderen Autoren.

Oft verarbeitet die Serie – sozusagen nebenbei – gesellschaftliche und politische Entwicklungen. Wie hat sich die Serie aus Ihrer Sicht diesbezüglich über die Jahrzehnte entwickelt?

Ich denke, dass es zu jeder Zeit ein Anliegen der Exposéautoren ebenso wie der einzelnen Schriftsteller war, in ihren Geschichten auch das zu thematisieren, was die Menschen gerade beschäftigt. Daran hat sich nach meinem Gefühl über die Jahrzehnte nicht viel geändert, sieht man davon ab, dass man das in der unmittelbaren Anfangszeit der Serie wegen der zeitlich größeren Nähe direkter tun konnte als jetzt, da die Handlung mehrere Tausend Jahre in der Zukunft spielt.

Was würden Sie rückblickend grundsätzlich anders machen, wenn Sie ins Jahr 1961 zurückreisen und Perry Rhodan vollkommen neu konzipieren könnten?

Nichts! Für den damaligen Zeitgeist wurde ja alles richtig gemacht. Der Erfolg hat es gezeigt. Für die heutige Zeit könnte man natürlich nicht mehr so schreiben; da braucht es mehr starke Frauenrollen, die nicht gleich über die Klinge springen, weniger Alkohol und weniger Eingriffe in die Privatsphäre als damals.

Für wie denkbar, ja wahrscheinlich halten Sie eine Zukunft der echten Menschheit ähnlich wie im Perryversum? Wären die Menschen dazu überhaupt in der Lage?

Bezüglich der Verbreitung der Menschheit in der Milchstraße sehr unwahrscheinlich, solange wir nicht tatsächlich irgendeinen Weg zur Überwindung der Lichtgeschwindigkeit finden. Bezüglich des Zusammenlebens und des Zusammenhalts der Menschen habe ich noch Hoffnung.

Wir auch … Danke für das Gespräch!

Tipp: Lesen Sie noch weitere Kolumnen, Interviews, launige Beiträge und ganz persönliche Einschätzungen in unserer Serie „CarpeGusta Literatur meets Perry Rhodan“!

Die nächste Kolumne erscheint am 21. März 2025.

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