Hans Fallada: Obsessiv bis zur Schmerzgrenze

28. Oktober 2024 –  Seit jeher wird Hans Fallada in der Germanistik stiefmütterlich behandelt. Seine Werke finden heutzutage kaum noch Beachtung. Dabei erlangte er mit Büchern wie „Kleiner Mann – was nun?“ und seinem autobiografischen Roman „Der Trinker“ bereits zu Lebzeiten Weltruhm.

Noch viel weniger ist über den Schriftsteller selbst bekannt – und das, obwohl sich seine Vita wie ein hochexplosives, spannendes Drama liest. Sie weist Höhen, aber noch viel mehr Tiefen auf und ist von nahezu abstoßender Brutalität: Verhaltensgestört und auffällig ist er bereits als Kind. Er plagt sich mit Gewaltfantasien herum. Unangepasst und von der Norm abweichend fällt er überall negativ auf, kann und will sich nicht anpassen. Mit 17 Jahren dann die erste tragische Klimax: Der Unbeugsame duelliert sich mit seinem besten Freund, der dadurch stirbt. Fallada indes überlebt schwer verletzt. Er wird in eine Nervenheilanstalt eingewiesen. Es wird nicht das letzte Mal sein.

Im ständigen Rausch

Das Schreiben wird derweil zunehmend zu seiner Obessession, ebenso wie die Sucht nach Rauschgift, Tabletten, Alkohol und Zigaretten. Erst als er 1929 seine große Liebe Anna Issel heiratet, scheint das Glück einzukehren. Doch Fallada verfällt zusehends. Er lebt im ständigen Rausch. Unzählige Entziehungskuren schlagen fehl. Die Ehe scheitert – wegen seiner Abstürze, seiner Untreue und weil er seine Frau einmal gar zu erschießen droht.

Als er 1945 Ursula Losch, ebenfalls drogenabhängig, vor den Traualtar führt, nimmt die Tragödie ihren Lauf. Beide interagieren fortan fast ausschließlich im Delirium. Sie konsumieren gemeinsam, wollen dem Stoff immer wieder abschwören und stürzen jedes Mal wieder ab. Im Februar 1947 dann die letzte gemeinsame Entziehungskur: Doch dabei verabreicht Ursula Losch ihm irrtürmlicherweise eine Überdosis Schlaftabletten. Fallada ist zu diesem Zeitpunkt psychisch und physisch so stark geschwächt, dass sein Herz einfach aufhört zu schlagen. Er wurde nur 53 Jahre alt.

Buchtipp:

„Hans Fallada. Die Biographie“ von Peter Walther, Aufbau Verlag

Klappentext:

Populär war er schon immer, mittlerweile erkennt man seinen weltliterarischen Rang: Der Autor Hans Fallada wurde in den letzten Jahren noch einmal völlig neu entdeckt. Es ist Zeit, sich auch seiner Biographie neu zu nähern und das reiche, bislang unerschlossene Material auszuwerten. So schärfen sich selbst für den Kenner die Konturen und schließen sich die Lücken.

Hier der von seinen Dämonen bedrängte Künstler, Frauenheld, Opportunist. Ex-Sträfling und Morphinist, dort der respektierte Landwirt, liebende Familienvater, sich unter Lebensgefahr vom Alptraum des Dritten Reichs freischreibende Nazi-Gegner – die dramatische Biographie einer zerrissenenen Persönlichkeit.

Klappentext „Der Trinker“:

„Der Trinker“ erzählt die Geschichte einer Alkoholsucht vom harmlosen Viertel Wein bis zur Einlieferung in eine Heilanstalt. Autor Hans Fallada verfasste den Roman während einer Haftzeit, wobei er sich auf eigene Erfahrungen stützte. Es beginnt mit etwas Wein, um sich die unfreundliche Welt schön zu trinken – und bald kommt Erwin Sommer nicht mehr los vom Alkohol. Am Ende landet er in einer geschlossenen Heil- und Pflegeanstalt, wo ihm das Leben zur Hölle wird. Die Probleme seines Romanhelden waren Hans Fallada nur allzu vertraut. „Der Trinker“ ist sein persönlichstes Buch.

Tagged , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , . Bookmark the permalink.

Comments are closed.