Die vielleicht innovativste Serie über ein literarisches Phänomen, Teil 9: Robert Corvus, einer der Autoren von Perry Rhodan

13. Dezember 2024 – Fantasy und Science Fiction sind seine Welt. Mit „Ein Stein in der Dunkelheit“ (Heft 2824) hatte er 2015 sein Debüt im Perryversum und schreibt nun regelmäßig an der Weltraumserie mit, seit drei Jahren als fester Teamautor. Der mehrfach ausgezeichnete 52-Jährige ist im „normalen“ Leben Wirtschaftsinformatiker und als Dozent für kreatives Schreiben tätig, unter anderem an der Universität Münster.

CarpeGusta Literatur: Was fasziniert Sie persönlich an Perry Rhodan?

Robert Corvus: Die Größe des literarischen Kosmos mit seinen unzähligen Planeten, Raumschiffen, Lebensformen, Zivilisationen und Geheimnissen, bei denen Wissenschaft und Metaphysik ineinanderfließen!

Wie erklären Sie sich den andauernden Erfolg über Generationen hinweg?

Man hat es geschafft, die erzählerische Flamme zu bewahren und immer wieder mit neuen Impulsen zu nähren.

Wer ist Ihre persönliche Lieblingsfigur und warum?

Alaska Saedelaere, weil er die kosmische Vision der Serie mit tiefer menschlicher Tragik und Würde verbindet.

Wie schwer war es, vom Leser zum Autor zu werden und in die Fußstapfen von Clark Dalton und Kurt Mahr zu treten?

Ich war als Teenager Rhodan-Leser, wurde erst Hobby-, dann nebenberuflicher und später hauptberuflicher Autor, bevor ich Rhodan-Autor wurde. Das habe ich weniger als eine Nachfolge der Autoren der Anfangsjahre empfunden, sondern mehr als das Hinzukommen zum aktuellen Team von Kolleginnen und Kollegen. Der Referenzrahmen meiner Arbeit ist die aktuelle Serie, die jahrzehntelange Historie bildet lediglich das Fundament.

Ist es nicht fast unmöglich, immer wieder Neues im Perryversum zu erfinden?

Diese Frage wird oft gestellt; ich finde sie dennoch seltsam. Wann ist die letzte Geschichte erzählt, die in New York spielt oder in China oder auf der Erde? Rhodan als Erzählkosmos umfasst nicht nur diese Orte, sondern Tausende weitere Planeten, mehrere Galaxien, Paralleluniversen und Zeiträume von Jahrmillionen – wenn man die Zeitreisen der Protagonisten einbezieht. Wir erzählen nicht nur über Menschen, sondern auch über Intelligenzen völlig fremdartiger Körperlichkeit und Mentalität, über künstliche Lebensformen, Wesen, die aus purer Energie bestehen und vieles mehr. Die Menge der potenziellen Handlungsmotive dürfte sich der Anzahl der Atome im Universum annähern.

Wie kann man sich die Arbeit an einem Heft oder an einem Zyklus praktisch vorstellen? Die Abstimmungen untereinander müssen doch ziemlich zeitraubend und schwierig sein!

Ich habe mal in einem Videotagebuch dokumentiert, wie ich einen Rhodan-Doppelband geschrieben habe. Unter dem Strich ist es einfacher, als man vermuten könnte, weil man durch ein großes Team unterstützt wird.

Wie sehr können Sie Ihre persönlichen Ideen bei einzelnen Heften überhaupt umsetzen? Folgt heute immer noch alles einem großen Exposé für ganze Zyklen?

Die Rhodan-Hauptserie hat eine durchgängige Handlung von aktuell 3300 Heftromanen, die in Zyklen von meist 100, manchmal 50, seltener 25 oder 75 Heften strukturiert ist. Die Exposéautoren machen Handlungsvorgaben. Für mich als Autor besteht die Kunst darin, die Essenz aus diesen Vorgaben zu erkennen und umzusetzen: Was sind die Verbindungsstücke zu den anderen Episoden der Serie? Welche Informationen müssen der Leserschaft vermittelt werden? Ansonsten bin ich frei. Ich habe auch schon Romane geschrieben, bei denen ich – unter Erfüllung obiger Prämissen – sämtliche Hauptfiguren ausgetauscht habe, weil das die bessere Geschichte ergab.

Wir arbeiten als Team. Das beginnt mit den Autorenkonferenzen, setzt sich über Absprachen während der Exposéerstellung fort und konkretisiert sich in Detailabsprachen mit Kolleginnen und Kollegen, die dieselben Handlungsmotive bearbeiten.

Oft verarbeitet die Serie – sozusagen nebenbei – gesellschaftliche und politische Entwicklungen. Wie hat sich die Serie aus Ihrer Sicht diesbezüglich über die Jahrzehnte entwickelt?

Ich glaube, so etwas erkennt man erst mit dem Abstand von einigen Jahren oder Jahrzehnten. Rückblickend ist klar, dass in den 1960ern ein großer Technikoptimismus dominierte, während später ökologische und Friedensthemen in den Vordergrund traten. Sicher werden zukünftige Analysten auch erkennen, was unsere Autorengeneration bewegt.

Generell sehe ich die Serie insgesamt aber unpolitisch. Selbst wenn einzelne Kolleginnen und Kollegen starke gesellschaftliche oder politische Überzeugungen haben, wird das durch die Vielfalt im Team ausgeglichen, sodass eine bunte Mischung entsteht.

Was würden Sie rückblickend grundsätzlich anders machen, wenn Sie ins Jahr 1961 zurückreisen und Perry Rhodan vollkommen neu konzipieren könnten?

Ich hätte Hemmungen, Änderungen vorzuschlagen. „Perry Rhodan“ ist die größte Science-Fiction-Serie der Welt; also hat man 1961 und in den Folgejahren wohl sehr viel richtig gemacht. Jede Veränderung würde das Risiko bergen, den Erfolg zu gefährden.

Für wie denkbar, ja wahrscheinlich halten Sie eine Zukunft der echten Menschheit ähnlich wie im Perryversum? Wären die Menschen dazu überhaupt in der Lage?

Fantasie und Realität klaffen weit auseinander. Mutationen im menschlichen Erbgut führen bei „Perry Rhodan“ zu parapsychischen Begabungen, in der Realität aber zu Krebs. Aktuell haben wir keinen Hinweis auf außerirdische Zivilisationen und selbst wenn es sie gäbe, würde eine Raumfahrt à la Rhodan einen Hyperraum oder ein ähnliches physikalisches Phänomen voraussetzen, das überlichtschnelle Reisen ermöglicht. Das sehe ich nicht.

Summa summarum erlaubt die Physik des Perryversums, faszinierende Geschichten zu erzählen, ist aber so weit von den Gegebenheiten unseres Universums entfernt, dass sie aus meiner Sicht vollkommen andere Grundlagen für die Entwicklung von Zivilisationen schafft.

In einem allgemeineren Sinne kann ich mir vorstellen, dass einige bei „Perry Rhodan“ überhöht dargestellte Entwicklungen für die Menschheit erreichbar sind. Die Besiedlung von Planeten und Monden im Sonnensystem, die Unterstützung politischer Entscheidungen durch rationale Maschinenintelligenzen, der Sieg über den Welthunger, sogar Weltfrieden und eine Medizin, die die Lebenserwartung bei guter Gesundheit vervielfacht – all das können wir schaffen. Da ich ein Optimist bin, denke ich auch, dass die Menschheit in einigen Jahrzehnten solche Ziele erreichen wird.

Das lässt hoffen … Wir danken Ihnen für das Gespräch!

Tipp: Lesen Sie noch weitere Folgen aus unserer Serie „CarpeGusta Literatur meets Perry Rhodan“!

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