Monas Augen

6. Oktober 2024 – „Alles wurde dunkel. Wie mit einem Trauerflor bedeckt.“ So beginnt Thomas Schlessers Debütroman „Monas Augen“, Piper Verlag. Sogleich fühlt man mit der jungen Protagonistin Mona, die sich angesichts ihrer plötzlich eintretenden Blindheit verloren glaubt. Die Finsternis verflüchtigt sich zwar nach kurzer Zeit wieder, die Angst aber, dass sie sich erneut wie schwarzer Ruß über ihre Augen legt, bleibt.

Organisch erweist sich das tapfere Mädchen trotz einiger Rückfälle als kerngesung. Was aber steckt hinter dieser vermeintlichen Krankheit? Das fragen sich nicht nur die Ärzte, ihre Eltern, sondern auch ihr Großvater. Der weiß sich nur einen Rat: Er will seiner Enkelin einen „Schatz an visuellen Schätzen in den Tiefen ihres Geistes“ schenken, damit es – falls sie tatsächlich erblinden sollte – darauf zurückgreifen kann.

Sanft, behutsam, lehrreich

Mit zarter Sanftmut und empfindsamen Einfühlsvermögen führt er Mona an die großen Maler und ihre Werke heran. Er möchte der Kleinen die „aufwühlende Kraft“ der Gemälde nahebringen, sie empfänglich machen für die „grenzenlose Lust der Farben und Formen“ und sensibilisieren für das Überraschende, das Überwältigende in der Kunst. All das versteht er nämlich als lebensentfachende Momente, die wie ein Gegenfeuer zu der Asche sind, die Monas Augenlicht bedroht.

Auf diese behutsam-lehrreiche Weise lernt die Heranwachsende zu reflektieren. Ihre Besuche in Museen entpuppen sich dabei als mal leise und mal laute Entdeckungsräusche, die ihren Blick auf die menschliche Natur schärfen. Von da Vincis „Mona Lisa“ etwa erklärt sich ihr der Sinn ihrer spiegelbildlichen Gefühle. Von Raffael indes erfährt sie von den beiden Tugenden Gelassenheit und Anmut, mit denen sie fortan ihrem eigenen Schicksal entgegentreten will.

Am Ende des Romans erschließt sich Mona endlich, warum ihre Augen streiken. Und sie erkennt, dass ihr die Kunst zu einer lieben Freundin geworden ist, die ein inneres Licht in ihr entzündet hat.

Fazit: Ein Sprachmeisterwerk, aufgespannt zwischen Kunst und Literatur – feinste Prosa, die voller Schönheit davon erzählt, wie überraschend wundersam das Leben sein kann!

Klappentext:

Und plötzlich ist alles anders: Als die zehnjährige Mona für eine Stunde ihr Augenlicht verliert, verweisen ihre Ärzte die besorgten Eltern an einen Kinderpsychiater. Monas Großvater Henry soll sie zu den Terminen begleiten, doch der hat eine andere, bessere Idee: Sie soll sie die ganze Schönheit der Welt in sich aufnehmen. Heimlich gehen die beiden in die großen Pariser Museen und betrachten dort Woche für Woche ein einziges Kunstwerk. Mit jedem Leonardo, jedem Monet und Kandinsky entdeckt Mona eine neue Weisheit – und dringt zum Grund ihres Leidens vor …

Über den Autor:

Thomas Schlesser ist Kunsthistoriker und lehrt an der École polytechnique in Paris. „Monas Augen“ ist sein erster Roman, der sich, teils weit vor Erscheinen, in 34 Länder verkaufte und auf der Shortlist des „Grand Prix RTL-Lire“ stand. Schlesser forscht zur Kunst der Moderne am Schnittpunkt zu Politik und Naturwissenschaften. Er setzt sich für die Vermittlung von Kunst an ein breites Publikum ein.

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