15. Juli 2018 – „Anna Karenina“ und „Krieg und Frieden“ haben Lev Tolstoj Weltruhm verschafft. Diese Klassiker sind längst aus keiner Bibliothek mehr wegzudenken. Weniger Beachtung dagegen haben die Frühwerke des russischen Literaten wie „Familienglück“ von 1859 gefunden, das gerade im Dörlemann Verlag neu aufgelegt worden ist.
Feines Gespür für Seelennöte
Dabei deutet sich darin bereits das an, was seine späteren Werke auszeichnen wird: die detailverliebte Darstellung der wortgewaltigen Szenarien, in der die lebensecht gezeichneten Figuren interagieren. Auch die für Tolstoj charakteristische Begabung, Poesie und Realität meisterlich und übergangslos miteinander zu verweben, kommt in dem Roman bereits zum Tragen ebenso wie sein feines Gespür für die Seelennöte der Menschen. Nahezu analytisch bringt er Gefühle wie enttäuschte Liebe, Hoffnungslosigkeit und Desillusionierung zu Papier – ein Erzählstil, der von der psychologischen Emphase des Schriftstellers zeugt.