Die Gegenwart als formloser Entwurf? Literarisches Konfekt in ausgewählten Büchern – empfohlen von Chefredakteurin Dr. Maria Zaffarana

5. November 2025 – Wörter sind mehr als nur eine Aneinanderreihung von Buchstaben. Ihnen wohnt ein Zauber inne, der durch feingeschliffene Sprache das Gewöhnliche ins Einzigartige verwandelt. Oder anders ausgedrückt: Eine eingängige Melodie lebt von Rhythmus, Gefühl und ausgewählten Noten, die perfekt harmonieren. Sonst berührt Musik nicht. Der Wohlklang eines Textes ertönt durch denselben Feinsinn: Nur wenn das Herz und der Geist abgestimmt werden mit der Leidenschaft für Poesie, entstehen bedeutungsvolle literarische Unikate. In dieser Rubrik widmet sich CarpeGusta Literatur genau solchen Büchern: Werken, die über die bloße Handlung hinausgehen, weil sie von der Ästhetik des Schreibens leben, indem sie durch wohlkomponierte Satz-Arrangements Magie pur erzeugen.

Aus den bereits bei CarpeGusta Literatur rezensierten Romanen haben wir jene ausgewählt, die unserer Ansicht nach herausstechen durch stilistische Raffinesse und expressive Ausdruckskraft.

Heute präsentieren wir Ihnen eine Auswahl der schönsten und prägnantesten Passagen aus dem Roman „Immer wenn ich dieses Lied höre“ von Lola Lafon:

  • „Ich täuschte mich. Die Nacht war bewohnt, von Spiegelungen durchzogen; im Herzen des Hinterhauses verbarg sich noch etwas Drängendes, das es zu finden galt.“
  • „Manche Begegnungen beginnen im Augenblick des Abschieds, wenn die Zeit drängt. Dann treffen die Worte ins Herz des Wesentlichen.“
  • „Worte erwiesen sich als machtlos, zogen sich aus diesen Familien zurück, aus meiner Familie. Die Geschichte, die man nicht erzählt, dreht sich im Kreis, ohne Metrum, ohne Schlusspunkt.“
  • „Schreiben ist keine vollständige freie Entscheidung. Es ist ein Eingeständnis des eigenen Unvermögens. Man schreibt, weil man nicht weiß, wie man die Wirklichkeit sonst einfangen soll.“
  • „Identität war ein Kostüm, eine Verkleidung.“
  • „Eine Traurigkeit ohne Gegenstand, die aufkommt, wenn man sie am wenigstens erwartet, am Rande des Glücks.“
  • „Ein Roman kann nicht transparent sein, er ist ein Gewebe aus Zweifeln und Einsamkeit, die des Verfassers, der ihm seine Zeit gewidmet hat. Ein Roman verkauft nicht, er bietet an.“
  • „Schreiben ist ein Engagement zum Kampf. Man engagiert sich fürs Schreiben wie für ein imaginäres Heer, in dem man General und Rekrut zugleich ist.“
  • „Die Gegenwart, die ich nicht niederschreibe, driftet umher, ein formloser Entwurf. Erst wenn ich niederschreibe, was ich erlebe, verstehe ich, was ich erlebe.“
  • „Die Vergangenheit ist nur ein Pünktchen Zeit, sie existiert nicht.“
  • „Ich habe eine besondere Zuneigung zu denen, die sich keinem Land zugehörig fühlen, die keine Heimat kennen. Ihr entwurzeltes Schreiben ankert in der Nacht, einer Nacht, die weiter ist als jede Landschaft.“
  • „Man sollte sein Tagebuch regelmäßig wieder lesen, um seiner eigenen Jugend das Wasser reichen zu können.“

Entdecken Sie noch mehr ausgewählte Bücher in unserer Rubrik „Literarisches Konfekt“!

 

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